Presseinformation
Wissenschaftsforum: Zukunft Rhein-Main
Erfolgsfaktoren regionaler Wirtschaftsentwicklung: "Cluster und Netzwerke"
Regionalökonomie verdrängt Nationalökonomie
Ansatzpunkte zur Förderung der Clusterentwicklung
Die Auftaktveranstaltung zum "Wissenschaftsforum: Zukunft Rhein-Main" fand am 4. November im Gästehaus der TU Darmstadt statt. Das Rhein-Main-Institut hatte gemeinsam mit dem Amerikahaus Frankfurt zu dem Forum eingeladen und konnte sechzig hochrangige Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften und Kommunen begrüßen. Gegenstand des Forums waren "Cluster und Netzwerke" als Erfolgsfaktoren regionaler Wirtschaftsentwicklung.
Zu Beginn des Forums hob RMI-Vorstand Prof. Dr. Martin Führ (FH Darmstadt) hervor, die Vorstellung, es würden Nationen miteinander ökonomisch im Wettstreit stehen, treffe bereits seit einiger Zeit nicht mehr zu: "In dem Maße, in dem die nationalstaatlichen Konturen schwächer werden, treten die Regionen aus dem Nebel der Geschichte hervor. Eine große Bedeutung haben sie seit jeher gespielt; aber sie wurden vergleichsweise wenig beachtet. Der Fokus von Ökonomie und Politik war viel zu stark auf die nationalstaatliche Bühne gerichtet; diese wurde hell ausgeleuchtet; der Rest verblasste dagegen."
Paradigmatisch dafür sei das epochale Werk von Adam Smith; auch als die Bibel des Kapitalismus bezeichnet. Es untersucht "Nature and Cause of the Wealth of Nations" und begründete die Klassische Nationalökonomie. Das Leitmotiv für das Wissenschaftsforum: Zukunft Rhein-Main sei ist demgegenüber die Frage nach "Nature and Cause of the Wealth and Welfare of Regions". Gemeinsam mit den Vertretern gesellschaftlicher Gruppen geht es darum, einerseits Kriterien für eine erfolgreiche regionale Entwicklung zu erarbeiten, andererseits aber auch offene Fragen zu benennen, denen sich die Wissenschaft zuzuwenden hat.
Das Konzept der Veranstaltung ist so angelegt, dass zu jedem Vortrag und der anschließenden Diskussion (siehe das Programm der Veranstaltung) die offenen Fragen und Kriterien explizit formuliert werden.
In seinem Eingangsreferat stellte Claas van der Linde (Harvard/St. Gallen) den internationalen Stand der Cluster-Forschung vor. Darunter versteht man räumliche Anballungen (Cluster= Knubbel, Traube) bestimmter wirtschaftlicher Aktivitäten, die aus der dichten Verknüpfung einerseits Vorteile erzielen (kurze Wege für Waren, Dienstleistungen und Austausch von Wissen), andererseits aber auch sich einem besonderen Wettbewerb ausgesetzt sehen, aus dem Anreize resultieren, die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Die hohe Bedeutung der Wissensarbeit - hier stimmte Claas van der Linde mit dem Arbeitswissenschaftler Oleg Cernavin (Wiesbaden) überein, führe dazu, dass die Wertschöpfung zu einem erheblichen Teil nicht mehr vorrangig innerhalb des Unternehmens erzielt werde, sondern in regionalen und überregionalen Netzwerken. Trotz Internet sei der Austausch von Wissen auf die räumliche Nähe angewiesen, da vor allem Innovationen nicht auf standardisierter Information entstünden, sondern auf "tacit knowledge" (verborgenes Wissen). Dieses sei aber nur in der direkten Kommunikation vermittelbar.
Der Vortrag von Wulf Brämer (Heraeus/Materials Valley) stellte eine von der Wirtschaft ins Leben gerufen "Cluster-Initiative" vor, in der sich Unternehmen aus der Materialtechnik zusammengeschlossen haben.
Eike Schamp (Universität Frankfurt) hob die Bedeutung urbaner Zentren für die Entwicklung von Clustern hervor. Die Diskussion zeigte aber, dass auch kleinere Zentren durchaus als Entwicklungsraum eines Clusters erfolgreich waren.
Die Möglichkeiten und Grenzen der öffentlichen Hand erläuterte Eckard Bergmann (Bonn).
Zu den Ergebnissen der Veranstaltung (die auch als Buch veröffentlicht werden sollen) zählen u.a. folgende Aspekte:
- Über die hohe Bedeutung von Regionen für die ökonomische Entwicklung von Volkswirtschaften waren sich die Referenten und Diskutanten einig.
- Die Cluster-Forschung stellt ein Analyse-Raster bereit, welches es erlaubt, die aktuelle Wettbewerbsfähigkeit von Regionen zu ermitteln und Chancen zukünftiger Entwicklung zu identifizieren.
- Cluster lassen sich nicht planen und auch nicht auf klassische Weise (wirtschafts-) fördern. Die Rolle der öffentlichen Hand kann vielmehr die eines Vermittlers zwischen den verschiedenen beteiligten Unternehmen sein ("Clusterbroker"). Sie kann Netzwerke initiieren und Kommunikationsorte anbieten, um auf diese Weise Kooperationen den Weg zu ebnen. Indem sie regionale Cluster öffentlich sichtbar macht, schafft sie zugleich ein Bewusstsein für die Stärken der Region und trägt zu Identitätsbildung der Region bei.
- Entscheidend ist schließlich, ob es gelingt, eine Kommunikationskultur in der Region zu entwickeln. Dabei sind nicht nur die Sozialpartner, sondern auch die Bürgerschaft zu beteiligen; und zwar nicht erst dann, wenn es darum geht, Akzeptanz für bereits getroffene Entscheidungen zu erlangen. Gestützt auf einen solchen Prozess kann auch die regionale Politik ihrer Funktion gerecht werden, unterschiedliche Bedürfnisse und Interessen auszugleichen.
Ansprechpartner für Rückfragen:
Prof. Dr. Martin Führ (RMI-Vorstand), 06103-936617 / 06151-16-8734
Dipl.-Ing. Barbara Link (RMI-Geschäftsführung) 06103-388087
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